Unabhängige Forschung auf dem Gebiet elektromagnetischer Felder ist wichtig und muss weiter ermöglicht und vorangetrieben werden. Die seit den 1930-er Jahren vorhandene wissenschaftliche Basis ist jedoch derart eindeutig, dass sofort vorsorgliche Sicherheitsmassnahmen zum Schutze der gesamten Bevölkerung angezeigt sind. Wer darauf verweist, dass man zuerst auf die Ergebnisse weiterer Forschungsarbeiten warten müsse, der ist entweder uninformiert oder handelt verantwortungslos, oder er ist Lobbyist für die Mobilfunkindustrie. Die mittlerweile sogar aus Wissenschaftlerkreisen klar identifizierte Hinhaltetaktik(22);(23) der Industrielobby ist mit Blick auf die Volksgesundheit nicht länger akzeptabel.
Genau diese Hinhaltetaktik wird jedoch mit den staatlichen Forschungsprogrammen betrieben. In der Schweiz ist es das 2006 gestartete „Nationale Forschungsprogramm zu Risiken elektromagnetischer Strahlung“ (NFP57). Auch hier wartet man nun mit Massnahmen, bis die auf 2010 erwarteten Schlussresultate publiziert sein werden. Mindestens vier von den acht Mitgliedern der Leitungsgruppe stehen der Mobilfunkindustrie nahe, zwei sind sogar ICNIRP-Mitglieder. Diese Leitungsgruppe war unter anderem für die Auswahl der zu finanzierenden Studien verantwortlich. Es wird vor allem Grundlagenforschung betrieben. Diese kann nichts zu den heute so dringend nötigen Vorsorgeentscheiden zum Schutz der Elektrosensiblen und der ganzen Bevölkerung beitragen. Die einzige praxisbezogene Studie(24) des NFP 57 hat immerhin bestätigt, dass drei Arten von Strahlungsquellen, nämlich Mobilfunkantennen, Passivtelefonieren in der Nähe von Handys (analog Passivrauchen) und häusliche Strahlungsquellen (DECT, WLAN) je etwa gleich stark an der durchschnittlichen Belastung der Bevölkerung beteiligt sind. Doch siehe da – der Titel der entsprechenden Medienmitteilung des Bundes hiess: „Strahlungsexposition ist vor allem selbst verursacht“ – also Handy, DECT-Schnurlostelefon und WLAN. Die Mobilfunkantennen wurden einfach unterschlagen! Zufall?
22 Sondernummer des International Journal of Occupational and Environmental Health, Nr.4 Oktober/Dezember 2005, mit dem Titel „Corporate Corruption of Science“, übersetzt „Korruption der Wissenschaft durch die Wirtschaft“
23 Hardell L. et al: Secret Ties to Industry and Conflicting Interests in Cancer Research . American Journal of Industrial Medicine (2006)
24 Frei, P., et al., Temporal and spatial variability of personal exposure to radio frequency electromagnetic fields. Environ. Res. (2009), doi:10.1016/j.envres.2009.04.015